das Tier richtig definieren
Nach heutigen Wissensstand ordnen sich Menschen als Trockennasenaffen den Säugetieren zu. Menschen haben demnach bestimmte Merkmale wie auch andere Säugetiere. (Junge säugen, lebend gebären, etc.) Für umgangssprachliche Definitionen zählen hingegen ganz andere Werte.
Genau betrachtet handelt es sich hierbei um eine fiktive Kategorie und das ist ein Problem. Denn real gesehen existieren 1000te von unterschiedlichen Tieren von winzig klein bis mehrere Meter groß.
Menschen werden mit:
- dem Geist
- der Kultur
- der Vernunft
- der Seele
- der Moral
das sogenannte Tier wird mit:
- der Natur
- dem Trieb
- dem Körper
- dem Instinkt
- der Unberechenbarkeit
Grob gesehen ist diese Unterteilung durchaus nicht falsch, problematisch ist hingegen die sture Abgrenzung. Denn nicht immer handeln Menschen mit Vernunft oder Verstand, auch sie handeln instinktiv oder haben körperliche Bedürfnisse. Zwischen Menschen und anderen Tieren existieren viel mehr Gemeinsamkeiten, dies kann nicht nur durch überlegene Intelligenz strickt von einander getrennt werden.
nichtmenschliche Götter
Frühere Kulturen waren mehr mit der Natur verbunden, dennoch gab es schon damals Probleme mit der Wahrnehmung. Diese Völker verehrten nämlich Götter in Form von anderen Tierarten (FAQ), weil sie diesen eine noch stärkere Verbindung mit der Natur zuschrieben.
Auszug aus dem Artikel: Tiergötter
Zu dieser Zeit begann sich der Mensch mit anderen Tieren (FAQ) zu vergleichen. Kraftvolle Pferde, starke Löwen oder Stiere, sogar ruhig und gelassene Esel wurden verehrt, weil man ihre Eigenschaften gern selbst zur Verfügung gehabt hätte.Damals gab es demnach keine Schlagzeilen, die verkünden würden: „Dieser Mensch benahm sich wie ein Tier“, also dumm, ohne Gefühl und grausam. Manche Tierart (FAQ), wie die Schlangen, wurden verehrt, weil sie stehts bodenkriechender Weise der Erdgöttin immer nah waren.
Abwertung durch Religionen
Andere Tiere dienen in vielen Religionen dem Menschen als Verbrauchsmaterial ohne eigenes Existenzrecht. In der Bibel steht ua., dass sich der Mensch die Erde untertan machen soll, 0bwohl andere Tiere (FAQ) auf denselben göttlichen Schöpfungsplan beruhen. Irgendwann käme es wieder zur Harmonie zwischen Menschen und anderen Tieren.
Buch des Propheten Jesaja (11,6–9)
Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und der kleine Knabe wird sie leiten. Kuh und Bärin werden zusammen weiden, ihre Jungen beieinanderliegen, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind. […]
In der Bibel wird eine friedliche Welt demnach so dargestellt, wie es sich auch einige Veganer vorstellen – alle Fleischfresser werden zu Pflanzenfressern, Nahrungsketten werden komplett aufgelöst.
Was viele besonders konservative Menschen längst vergessen haben – der Mensch sollte sich in der Bibel gegenüber anderen Tieren (FAQ) wie ein Hirte gegenüber einer Herde verhalten und nicht wie ein Tyrann. Die Abwertung zum Sachgegenstand war also zumindest in der Bibel nicht vorgesehen.
Abwertung durch Umgangssprache
Der Mensch hat als Träger der Definitionsmacht allerdings allen anderen Tieren das Recht auf ein gleichberechtigte Existenz auf der Erde aberkannt, indem er diesen Lebewesen Attribute des „tierischen“, also des rohen, grausamen, dumpfen, primitiven und triebhaften zugeordnet hat. Dies ist erstaunlich, da das ursprüngliche Wort anima (lat.) mit „Belebtes, Beseeltes, Wildes“ übersetzt wird und durch die oben genannten Assoziationen verdrängt wurde.
Die Wahrnehmung des Begriffes „Tier“ ist tief in der Alltagssprache verankert. „Tiere“ werden häufig unbewusst als Metapher verwendet, sie verkörpern moralisch verwerfliches, schmutziges, abartiges und minderwertiges aber auch unbeherrschtes und dienen so als Hauptreservoir für Schimpfwörter unterschiedlicher Intensität. („du dumme Kuh“ noch relativ harmlos, „du dreckiger Hund, du altes Schwein, Drecksau“ als Verachtung / Beleidigung)
- falsch wie Schlangen
- triebhaft wie Esel
- böse wie Hunde
- gefräßig wie Motten
- schmutzig wie Schweine
- gierig wie Wölfe.
- Bibel: Schweine und Hunde = unrein, Skorpione = Geißeln der Menschheit
„Tier“-Metapher werden auch oft als erzieherisches Potential eingesetzt, das bestätigen Aussagen wie „Sie benahm sich wie ein Tier“ oder gar Entsetzensausrufe: „Das war kein Mensch, das ist ein Tier“. In diesen Aussagen schwingen Kontrollmangel und Brutalität auf Seiten des nichtmenschlichen Tieres als auch die Drohung der Aberkennung gottähnlicher Rechte auf Seiten der Menschen mit, sollten sie mit dem Begriff Tier verglichen werden.
Die Rhetorik ist bewusst auf Distanzierung ausgelegt, nichts soll auch nur im Ansatz mit Menschen vergleichbar sein. Ein Mensch der für ein Tier gehalten wird läuft also Gefahr seine Würde zu verlieren. Gewaltanwendung wird hier oft im selben Atemzug gleich mit legitimiert.
Um für weitere Abgrenzungen zu sorgen werden nichtmenschliche Tiere als Subjekte entindividualisiert, versachlicht und abgewertet. Handlungen und Verhaltensweisen werden bewusst mit anderen Begriffen umschrieben, auch dort, wie sie menschlichen Formen und Funktionen erstaunlich ähnlich sind:
Die Sprachkonvention bestimmt z.b.
- nichtmenschliche Tiere „fressen“ statt zu essen (Messer und Gabel für Nahrungsaufnahme dringend notwendig?)
- andere Säugetiere „werfen“ statt zu gebären (Säugetiere?)
- andere Säugetiere sind „trächtig“ statt schwanger
- nichtmenschliche Tiere „verenden“ statt zu sterben
- nichtmenschliche Tiere sind kopieartige austauschbare „Exemplare“ statt Individuen
- Tote nicht-menschliche Tiere (außer auf einem Teller präsentiert) nennt der Mensch „Kadaver oder Aas“ statt Leichen etc.
Warum ist es so bedeutend, den Begriff Tier exakt zu definieren?
Da der Mensch augenscheinlich nicht dazu in der Lage ist Bedürfnisse anderer Tiere als ein wichtiges Gut anzuerkennen, muss und sollte er erstmal wieder begreifen lernen, dass er nicht über anderen Lebewesen steht sondern daneben – auch dann bleiben seine kognitiven Fähigkeiten einzigartig!
In der Vergangenheit wurden beispielsweise Kriegsgefangene zu Barbaren erklärt und damit zu dem Begriff Tier (wie man ihn noch heute durch die falsche Unterteilung interpretiert) abgewertet.
So ein Menschenleben war also überhaupt nichts wert und durfte ohne Grund getötet werden.
Die Rolle des Menschen!
Der Mensch ist ein Säugetier, denn auch er säugt seine Jungen, pflegt Sexualtiät nicht nur zur Fortpflanzung und kommuniziert am liebsten in einem Herdenverband.
Diese Eigenschaften mit „tierischen“ Attributen zu beschreiben, stößt bei vielen Menschen auf angelernte Unverständnis. Als Tier ist er aber ein Teil der Natur. Das heißt, ihm wurde in Nahrungskettengeflechten als Glied dieser Nahrungsketten eine Rolle von der Natur zugesprochen, die jedes Tier, jedes Pflanze, jeder Pilz, jedes Bakterium innehat, damit es zum ökologischen Gleichgewicht aller Glieder kommen kann!
Wir müssen die Natur nicht als unseren Feind betrachten, den es zu beherrschen und überwinden gilt, sondern wieder lernen, mit der Natur zu kooperieren. Sie hat eine viereinhalb Milliarden lange Erfahrung. Unsere ist wesentlich kürzer. Hans-Peter Dürr
(Dt. Physiker, * 1929)
Der Mensch hat bereits viele natürlichen Vorgänge ausgehebelt: er selbst jagd nicht mehr und kein anderes Tier ist in der Lage ihn zu jagen! Die Folge: Immer mehr Menschen, immer mehr Hunger, immer höherer sozialer Stress, immer weniger Platz!
Bild-Quelle: © Herbert Käfer / pixelio.de
elke
13. Dezember 2011 @ 19:53
sehr toller Artikel! Finde auch, dass wir uns durch die Sprache abzusetzen versuchen und das komplett falsch ist.
Alesandra
13. Dezember 2011 @ 19:58
Danke Elke. Es geht nicht darum den Menschen ABzuwerten, sondern nur das sogenannte Tier wieder zum Lebewesen AUFzuwerten !