Kopf- oder Bauchentscheidung?
Auch wenn sich viele Menschen auch schon in der Vergangenheit gefragt haben, ob ihr Denken und Handeln selbstbestimmt oder fremdgesteuert wird – als Ergebnis lassen sie oft nur die Selbstbestimmung zu.
Im Fall eines gefühlten Kontrollverlustes müssen Begriffe wie „Schicksal“ oder „göttliche Fügung“ herhalten. Auch dann, wenn man ansonsten gar nicht gläubig ist. Viele Religionen bauen auf genau diese unbeschreiblichen Situationen auf, sei es das Karma im Buddhismus oder das Inschallah des Islams.
Wissenschaft und Religion müssen aber nicht als erbitterte Feinde gegeneinander arbeiten, denn man könnte die menschlichen Gene unter Umständen auch zum Werk Gottes erklären. Dies funktioniert aber nur bei bereits vergangenen bedeutsamen Geschehnissen oder Situationen, nicht aber bei konkret anstehenden Entscheidungen im Alltag!
Kopf- oder Bauchentscheidungen im Alltag
Für alltägliche Entscheidungen haben sich im allgemeinen Sprachgebrauch die Worte „Kopf“ oder „Bauch“ durchgesetzt.
- Bauchentscheidungen = spontan, impulsiv, ohne rationale Gründe / Fakten
- Kopfentscheidungen = Bewertung der Handlungsalternativen, Entscheidung an logische, objektive Gründe geknüpft
Logischerweise finden Prozesse, die als Bauchentscheidungen beschrieben werden auch im zentralen Nervensystem statt, was ihre Beschreibung eigentlich als Unsinn deklariert.
die Persönlichkeits-Psychologie
In der Persönlichkeits-Psychologie versuchen Wissenschaftler Einflüsse der Umwelt und die genetische Ausstattung eines Menschen so korrekt wie möglich zu bestimmen, um ihre jeweilige Bedeutung zu ermitteln. Francis Galton (1822-1911), ein Halbcousin Darwins gilt als Begründer dieser Untersuchungen.
Mittlerweile sind sich die meisten Wissenschaftler einig, dass die Intelligenz eines Menschen zu etwa 50 % von den Genen und 50 % von der Umwelt abhängig ist. Menschliches Verhalten kann aber bereits durch wenige Genvariationen stark variieren und beinhaltet jeweils drei grundlegende Komponenten:
- Motivation = Bauchentscheidungen
- Emotion = Bauchentscheidungen
- Kognition = Kopfentscheidungen
Alle Entscheidungen die der Kognition zugeordnet werden, betreffen den präfrontalen Kortex des menschlichen Gehirns, der als entwicklungsgeschichtlich jüngster Teil des Gehirns gilt. Motivation und Emotion werden von den subkortikalen Hirnarealen gesteuert, jener Bereich, der entwicklungsgeschichtlich zu den sehr alten Teilen des Gehirns zählen.
Zusätzlich sind auch soziale Aspekte am menschlichen Entscheidungsverhalten beteiligt, die zum Teil auch mal uneigennützig / zum Wohl eines Einzelnen oder einer Gesellschaft handeln (prosoziales Verhalten).
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Spezie Mensch ohne den Willen zur uneigennützigen Kooperation mit Anderen in der Evolution längst nicht so große Erfolge gehabt hätte.
Ist prosoziales Verhalten angeboren oder erlernt?
Studien darüber lieferten sehr uneinheitliche Ergebnisse und sind sehr schwer durchzuführen, auch weil es oft nur möglich war, dass sich Versuchspersonen selbst einschätzen sollten.
Das große Problem dabei – Teilnehmer können sich prosozialer beurteilen, als sie es tatsächlich sind, um einer sozialen Erwünschheit gerecht zu werden.
Merkmale prosozialen Verhaltens:
- Altruismus
- Vertrauen
Aus diesem Grund versucht man auch dem Altruismus selbst genetisch auf den Grund zu gehen. Man möchte also herausfinden, wie es zur Bereitschaft kommt, sich selbstlos um andere Menschen zu kümmern und dabei sogar Mühen und Kosten auf sich zu nehmen, die nicht dem persönlichen Nutzen dienen.
Viele Forscher halten diese These für so unrealistisch, dass sie der Überzeugung sind, den Eigennutzen dieser Personen nur nicht zu durchschauen – „reines selbstloses Handeln“ gibt es für sie nicht.
Ungeachtet dessen existieren logischerweise große individuelle Unterschiede. So fällt beispielsweise die Höhe einer Geldspende genauso unterschiedlich aus, wie die Entscheidung ob man überhaupt etwas spenden möchte und an wen diese Gefälligkeit geht.
Neben dem Altruismus ist Vertrauen ein wichtiges Merkmal prosozialen Verhaltens, was für die Voraussetzung für ein glückliches Zusammenleben in Zweierbeziehungen oder die erfolgreiche Kooperation in Gruppen verantwortlich ist.
Die maßgeblichen Gene sind allerdings nicht nur im Menschen zu finden. Beispielsweise besitzen Prärie- und Wiesenwühlmäuse ebenfalls genau die Gene, die prosoziales Verhalten entscheidend beeinflussen.
Fazit
Genvariationen können beim Menschen (und einigen anderen Säugetieren) das Entscheidungsverhalten stark beeinflussen. Es ist aber nicht möglich anhand einzelner Gene Entscheidungen exakt vorherzusagen, da auch immer die Umwelt eine mehr oder weniger große Rolle spielt.
Bildquelle: Klaus Steves / pixelio.de