der Waschbär
Seit ca. 80 Jahren streifen neugierge Kleinbären durch Deutschlands Wälder, Felder und Gärten. Sie kontrollieren mittlerweite riesige Areale, da sie anpassungsfähiger als die meisten anderen kleinen Beutetiere sind. Der Mensch betrachtet diese Entwicklung mit Argwohn, obwohl er dem kleinen Beutegreifer selbst zu neuen Lebensräumen verholfen hat.
Waschbären (Procyon lotor) gehören zur Familie der Kleinbären, die ursprünglich aus Nordamerika stammen. Seit Mitte des 20 Jahrhunderts zählen sie auf dem europäischen Festland, dem Kaukasus und Japan als Neozoon (durch Menschen in fremden Lebensraum gelangt [ausgesetzt oder aus Gefangenschaft entkommen]).
In Deutschland schätzt man die Population der Waschbären mittlerweile auf 400.000 bis 1.000.000 – ein Grund sie als Plage 1)Tierplage = Unwort wegen Abwertung zu klassifizieren. Selbst ein geschickt in Autoverkabelungen herumbeißender Marder kann mit einem Waschbär nicht mithalten. Ihm fehlt der unglaublich feine Tastsinn der Waschbärenpfoten.
Richtigstellung – Waschbären sind an gewaschener Nahrung nicht interessiert!
Ein Waschbär hat 64 % seines sensorischen Hirnzentrums für seinen Tastsinn zur Verfügung. Er ist damit in der Lage, ähnlich wie ein Blinder einen Text in Blindenschrift ertastet, mit den Fingern zu „sehen“.
Richtig ist zwar, dass man gefangen gehaltene Waschbären dabei beobachten kann, wie sie ihre Nahrung ins Wasser tauchen. Das liegt aber nur daran, dass sie in Gefangenschaft ein akutes „Fummel-Defizit“ haben! Ihm fehlen einfach die vielen verschiedenen Berührungsreize, die es in freier Natur zu betasten gibt.
Neben der Fummelei kann ein Waschbär seine Pfoten auch hervorragend für das Klettern in Bäumen nutzen. Er schafft es sogar, seine Hinterpfoten so weit nach außen zu drehen, dass sie nach hinten zeigen und er kopfüber einen Baum hinunterklettern kann. Dies macht dem Kleinbär so schnell kein anderer Beutegreifer nach.
Erfolgsgeschichte – Waschbär!
Waschbären ernähren sich von sämtlichen Früchten- und Getreidesorten, sowie Eiern und Tieren, die kleiner als Eichhörnchen sind. Umgangssprachlich sind sie damit typische „Allesfresser“. Doch das ist nicht der Hauptgrund für ihre enorme Anpassungsfähigkeit – es ist ihre Lernfähigkeit!
Neben all den Vorzügen, gibt es allerdings auch einige Nachteile, mit denen ein Waschbär zu kämpfen hat:
- schlechte Sprintfähigkeit
- äußerst schlechte Sprungfähigkeit
Ein verblüffendes Beispiel
Forscher fanden ein mit Sender ausgestatteten an Menschen gewöhnten Waschbären zufällig auf der anderen Seite eines Baches. Bei Zuruf reagierte dieser zwar interessiert, verschwand dann aber plötzlich aus dem Sichtfeld der Menschen. Schließlich tauchte er etwas weiter bachaufwärz wieder auf, sprang dort ins Wasser und lies sich von der Strömung genau zu den Forschern treiben.
Noch heute rätseln die Forscher darüber, wie ein Waschbär es schafft die Strömung des Wassers so genau einschätzen zu können.
Richtigstellung – Waschbären sind keine Einzelgänger!
Neben dem irrtümlichen Namen des Waschbären stimmt auch die Lebensweise nicht, die ihm Menschen in der Vergangenheit nachgesagt haben. Waschbären sind keine Einzelgänger, sie leben polygam, d.h. ein Männchen kann in seinem Territorium mehrere Kleingruppen von Weibchen integrieren. Aus diesem Grund ist sein Revier auch bis zu 50 Quadratkilometer groß.
Diese, für einen 10-Kilo-Bären riesige Fläche, ist einzeln nicht wirklich gut zu kontrollieren, deswegen gehen häufig zwei Rüden auf Patrouille. Waschbären schätzen Männerfreundschaften deswegen sehr, die sogar ein Leben lang halten können. Nur zu einem schnellen Fluchtsprint sind sie nicht in der Lage und profitieren deswegen davon, dass sie zumindest in Deutschland keine natürlichen Feinde kennen.
Anpassungsfähigkeit = Plage?
Fakt ist, dass die kleinen flinken Beutegreifer keinen Halt vor menschlichen Siedlungen machen und dort viel Chaos hinterlassen können. Ähnlich wie bei Ratten ist es aber das reichliche Futterangebot in Mülltonnen und überhaupt die Neigung des Menschen viel nahrhaften Müll zu produzieren, was sowohl Ratten als auch Waschbären geschickt zur Populationssteigerung zu nutzen wissen.
Jäger 2)Jäger = Unwort wegen Mord sehen diese Entwicklung hinter vorgehaltener Hand mit Freude, schließlich macht dies ihre „Arbeit“ nach ihrer Auffassung um so wichtiger. 2011 wurden z.B. 67.700 Waschbären. Die Jagd auf Waschbären ist schon seit mehreren Jahren in Deutschland erlaubt, da die Kleinbären allerdings so „niedlich“ aussehen, hilt man sich langezeit mit den Mordstatistiken zurück.
Viel Mühe gibt man sich mit den Ausreden allerdings nicht (mehr) – immer wieder muss die Vogelwelt herhalten, die durch Waschbären angeblich besonders bedroht ist. Dabei schießen Jäger 3)Jäger = Unwort wegen Mord selbst sogar auf Schwäne oder andere Vogelarten und stellen damit die größte Bedrohung dar, weil es zusätzlich durch das verschossene Blei zu Vergiftung in der Umwelt kommen kann.
Schutz vor Waschbären = Bärenschutz!
Wann immer Waschbären und Menschen aufeinander treffen, und des Menschen geliebter Rasen oder die Verkleidung seiner Behausung in Mitleidenschaft gezogen werden, ist der Unmut und das Klagelied natürlich groß. Bewohner von tropischen Regenwäldern können sich leider nicht so lautstark Gehör verschaffen.
Dennoch – natürlich hat jeder Mensch das Recht sich und seine Behausung vor den kleinen Beutegreifern zu schützen, da so niedlich sie auch aussehen mögen, Zähne und Krallen sehr spitz sind, die sogar ausgewachsene „Kampfkater“ in die Flucht schlagen.
intelligente Waschbärenabwehr:
- Müll- und Biotonnen mit Spanngurten oder einem Stein absichern
- gelbe Säcke nicht achtlos herumliegen lassen, sondern in Boxen einschließen
- Speißereste nicht auf den Komposthaufen werfen
- nichtmenschliche Tiere (FAQ) nicht draußen füttern
Bildquelle: Titelbild: Ruth Rudolph / pixelio.de; Waschbär im Artikel: smithy / pixelio.de