Überlebensvorteil rücksichtsvoller Menschen
Selbstlose Menschen werden oft wegen ihrer Handlungen belächel, die manchmal sogar als blose Energieverschwendung abgetan werden, gerade wenn es sich um Naturschutz oder die Unterstützung mittelloser Menschen handelt. Neue Studien beweisen aber eindeutig: Altruisten kommen weiter!
Vorteil Altruismus
In den letzten Jahren haben sich Forscher dem Altruismus gewidmet, um herauszufinden, ob dies in der Evolution des Menschen einen Vorteil haben könnte – ihr Ergebnis: Altruismus ist keine unnütze oder gar bemittleidenswerte Verhaltensweise!
Es macht nämlich – wie bereits schon länger bekannt – nicht nur Sinn statt ausschließlich den eigenen Körper, auch den Genpool (verwandte Menschen) zu schützen, in einer Menschengruppe stellt sich soziales Verhalten unter bestimmten Bedingungen nämlich auch dann ein, wenn die Individuen nicht miteinander verwandt sind.
Interessant dabei ist die Erkenntnis der Wissenschaftler, dass helfende Menschen sogar ihre Lebenserwartung deutlich nach oben verschieben können, weil sie glücklicher und zufriedener sind, als überwiegend egoistische Menschen. Einkommen, Bildungsstand und beruflicher Stress spielen also eine viel kleinere Rolle, als ursprünglich angenommen.
Jahrzehntelang glaubten nicht einmal Wissenschaftler an den Vorteil des gelebten Altruismus, denn das lies sich so gar nicht mit der evolutionsbedingten Überzeugung „Der Stärkere gewinnt!“ vereinbaren. Doch nun stellte sich heraus, das Nächstenliebe das menschliche Gehirn genauso in einen wohltuenden Rausch versetzen kann, was sonst nur bei Drogen, Sex oder einem guten Essen bekannt war.
Altruisten vs. Egoisten
Ist das bewohnte Gebiet leicht zu bewirtschaften und Ressourcen massenhaft vorhanden – gibt es weder Krankheiten noch Fleischmangel, rotten Egoisten selbstlose Menschen von Generation zu Generation immer weiter aus, da sie diese ausnutzen und sämtliche Ressourcen für sich beanspruchen.
Wird das bewohnte Gebiet mit Umwelteinflüssen (Lage, Krankheiten, Konkurrenz,…) in Verbindung gebracht, bekommen Egoisten massive Probleme. Da sie ihren Mitbewohnern nicht helfen, ihnen keine Nahrung abgeben, sterben diese vorzeitig. Die immer kleinere werdende Gruppe aus Egoisten lässt überschüssiges Fleisch verrotten und hat nicht die Fitness, dass gesamte Areal zu erkunden sowie zu bewirtschaften.
Sind Altruisten in gleicher Situation in der Überzahl, werden Nahrungsmittel untereinander bestmöglich verteilt, Krankheiten gemeinsam bekämpft und der Zusammenhalt untereinander gestärkt.
entscheidende Faktoren für selbstloses Handeln
- Empathie
- Beobachtung
- Zeit und gute Laune
- Schuldgefühle
Auch wenn viele soziale Normen bekannt sind und von den meisten Mitgliedern auch eingehalten werden, handelt der Einzelne nicht immer und unter allen Umständen altruistisch. Wenn man also ab und an selbstsüchtig vorgeht, muss das nicht zwangsläufig als totaler Egoismus gewertet werden.
Entscheidend für stetigen Altruismus ist die zur Verfügung stehende Empathie, die ausdrückt, wie gut sich der Einzelne in die Gefühls- Gedankenwelt anderer hineinversetzen kann. Ein Mensch der beispielsweise die Trauer / den Schmerz eines anderen nicht erkennt, sieht auch keinen Grund ihn zu trösten oder anderweitig zu helfen – ihm fehlt das Mitleid.
Neben der verfügbaren Empathie kommt es ebenfalls häufig auch durch Zuschauer zum Altruismus. Denn wer vor den Augen Anderer eine gute Tat begeht, steigtert damit sein Ansehen enorm. Ein gutes Beispiel sind Mitfahrer im Auto. Ist der Autofahrer alleine, tritt er durchschnittlich 25 % weniger für andere Autofahrer auf die Bremse.
Viele Zuschauer nützen allerdings nichts, wenn der potentielle Helfer unter Zeitdruck steht oder gerade schlechte Laune hat.
Studien zufolge helfen 63 % aller entspannten und nur 4 % der gestressten Menschen. Handelt es sich um gläubige Menschen, kann sogar das Schuldgefühl – beispielsweise vor einer Beichte – dafür sorgen, dass der betreffende Mensch uneigennützig handelt.
altruistische Bestrafung
- reziprokes Tauschen / Helfen
Soziales Verhalten wird also nicht allein durch äußere Einflüsse geschaffen, es etabliert sich auch innerhalb einer Gruppe. Wenn nämlich ein Mitglied einem anderen aus einer akuten Situation hilft, erwartet er als Altruist zwar keine unmittelbare Gegenleistung, befindet sich der Helfer aber einmal in ähnlicher Situation, erhofft die gesamte Gruppe Wiedergutmachung.
Wird diese nicht erbracht, muss der egoistisch Handelnde den moralischen Druck standhalten. Mit dieser Verhaltensweise soll verhindert werden, dass der Einzelne die Selbstlosigkeit Anderer nur für sich selbst in Anspruch nimmt.
- generalisiertes Tauschen / Helfen
Dennoch ist es falsch Altruismus nur in einer Gruppe zu vermuten, die sich gegenseitig schützt und ernährt. Die Verhaltensweise kommt auch oft in Situationen vor, in der sich die Beteiligten hochwahrscheinlich nur einmal in ihrem Leben begegnen. Was etwas eigenartig klingt, hat aber nahezu jeder erwachsene Mensch schon einmal erlebt, in dem er in einer fremden Stadt nach dem Weg gefragt oder aber einen Fremden bei der Orientierung geholfen hat.
Auch wenn man seinen Gegenüber hochwahrscheinlich nie wieder sieht, erhofft man sich trotzdem, dass sich in ähnlichen Situationen wie z.B. beim Autofahren (Ablendlicht im Dunkeln ausschalten, wenn Gegenverkehr zu sehen ist, usw.) gleiche Verhaltensweisen einstellen.
Wirtschaftswissenschaftlern fällt das Umdenken besonders schwer. Denn dort gilt noch immer: Menschen seien ausschließlich rationale, nutzungsmaximierende, selbstsüchtige Tiere (FAQ). Tatsächlich ist der Homo oeconomicus eine reine Fiktion.
Bildquelle: Gerd Altmann / pixelio.de
Sandra
3. Juli 2012 @ 02:36
Wow, das ist ein sehr guter Blog. Besonders interessant finde ich den Punkt mit den gestressten und entspannten Helfern.
Dass da solch drastische Unterschiede sind, hätte ich nicht erwartet.
LG Sandra