die Werbung
Psychologen gehen davon aus, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens die meisten Entscheidungen beim Einkaufen trifft. Denn laut Untersuchungen der Gesellschaft für Konsumforschung, besucht jeder Deutsche fast jeden zweiten Tag einen Supermarkt.
Wirklich interessant sind für Marktforschung / Werbung aber erst die Zahlen des deutschen statistischen Bundesamts, die bei privaten Konsumausgaben von über einer Billion Euro jährlich! ausgehen.
Die Neuroökonomie ist also keine Spielerrei für Statistikfreaks – geschickt eingesetzt kann sie für Erfolg und Niederlage (der Konkurrenz) stehen.
Fragen der Neuroökonomie:
- Welche Faktoren beeinflussen die Wahl eines Produktes?
- Welche Rolle spielen Preis oder Marke?
- uvm.
All diese Fragen verbinden Wirtschaftsforschung, Psychologie und Hirnforschung zu einem bis dato total unterschätzten Gebiet.
Denn hier werden Methoden der Neurowissenschaften angewendet, um komplexes soziales und ökonomisches Verhalten zu untersuchen. Besonders bedeutungsvoll sind dabei die Kaufentscheidungen!
Manipulation des Verstandes
Antworten liefern also nicht mehr nur die klassische Kauf- und Werbepsychologie – sondern zunehmend die unterschätzte Hirnforschung. Es stellte sich nämlich heraus, dass in vielen Entscheidungsgebieten, in denen Menschen glauben bewusst / absichtlich / rational zu entscheiden unterbewusste Impulse die eigentlichen Entscheidungsträger sind.
- Geschmack / Preis: das Belohnungszentrum des Gehirns wird aktiv, wenn ein bestimmtes Produkt bevorzugt wird; der Bereich für die Verarbeitung unangenehmer Gefühle oder Schmerzen wird aktiv bei einem hohen Preis
- Geschmack / Marke: wird die Erwartungshaltung aktiviert, kann sie für einen sehr unrationale Geschmacksempfindung sorgen; koknitive Beeinflussung lässt zwei fast identisch Marken unterschiedlich schmecken; die Bevorzugung wird im Gedächnis unbewusst gespeichert
- Geschmack / Preis / Qualität: wird die Erwartungshaltung aktiviert, muss eine höhere Qualität bei einem fiktiven höheren Preis nicht eingehalten werden
- Geschmack / Preis / Gesundheit / Übergewicht: bei fettreduzierten Nahrungsmittel wird häufig die Erwartungshaltung aktiviert, dass diese weniger gut schmecken und dass man von diesen mehr verzehren kann
bewusste Wortwahl
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Identität und Gemeinschaftsgefühl Begriffe wie „authentisch“, „einzigartig“ oder „dein Stil“ vermitteln, dass ein Produkt die individuelle Persönlichkeit unterstreicht. Gleichzeitig erzeugen Slogans wie „Finde deine Gruppe“ oder „Willkommen in der Familie“ ein Gefühl von sozialer Verbundenheit. So wird etwa ein Sportartikel zum Symbol für persönliche Stärke, ein Schmuckstück zum Ausdruck innerer Werte.
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Ansehen und Seltenheit Formulierungen wie „limitierte Auflage“, „exklusiv“ oder „handgearbeitet“ wecken den Eindruck von Besonderheit und Knappheit. Luxusmarken nutzen diese Wortwahl gezielt, um das Belohnungssystem im Gehirn zu stimulieren – denn der Besitz eines seltenen Produkts kann das eigene Ansehen in der Gesellschaft steigern.
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Erlebnis und Freiheit Produkte mit rein funktionalem Nutzen werden sprachlich mit Begriffen wie „grenzenlos“, „spontan“ oder „entdecke“ emotional aufgeladen. Ein widerstandsfähiges Smartphone wird dadurch nicht nur als technisches Gerät dargestellt, sondern als verlässlicher Begleiter für aufregende Unternehmungen.
bewusste Zahlenspiele
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Ankereffekt: Wird ein Smartphone für 1.200 € neben einem Modell für 1.600 € präsentiert, wirkt der günstigere Preis plötzlich attraktiv. Der höhere Betrag dient als Referenzpunkt, an dem sich die menschliche Preiswahrnehmung orientiert.
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Die Wirkung von 99-Cent-Preisen: Ein Preis von 9,99 € erscheint deutlich günstiger als glatte 10 €, obwohl der Unterschied minimal ist. Das liegt daran, dass das menschliche Gehirn vor allem die erste Zahl verarbeitet und den Preis unbewusst der „9-Euro-Kategorie“ zuordnet.
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Verlustangst (FOMO): Hinweise wie „Nur noch 3 verfügbar“ oder „Aktion endet in 2 Stunden“ erzeugen das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen. Diese künstlich erzeugte Dringlichkeit führt oft zu spontanen Kaufentscheidungen.
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Gezielte Online-Werbung: Digitale Plattformen analysieren kontinuierlich das Nutzerverhalten. Wer einmal nach einem bestimmten Produkt sucht – etwa einem Paar Schuhe – wird anschließend auf vielen Webseiten mit genau diesem Artikel konfrontiert. Die Anzeigen sind also alles andere als zufällig.
Durch gezielte Ansprache entsteht der Eindruck, dass ein Produkt individuell auf den Kunden zugeschnitten ist – was die Kaufmotivation deutlich erhöht. Gleichzeitig sind digitale Verkaufsplattformen so gestaltet, dass der Weg zum Kauf möglichst reibungslos verläuft: Ein einziger Klick genügt, um den Bestellvorgang abzuschließen. Diese Einfachheit fördert spontane Entscheidungen und begünstigt Impulskäufe.
Einzigartigkeit als Verkaufsversprechen
Heutige Psychologen und Marketingexperten haben es verstanden, psychologische Prinzipien gezielt einzusetzen. Mit dem Aufstieg sozialer Netzwerke und digitaler Plattformen haben sich die Möglichkeiten zur detaillierten Auswertung von Konsumverhalten und zur punktgenauen Ansprache von Zielgruppen erheblich erweitert.
Dabei wird das tief verwurzelte Bedürfnis nach Individualität geschickt genutzt: Produkte werden nicht nur als Gebrauchsgegenstände präsentiert, sondern als Spiegel der eigenen Persönlichkeit – als Mittel, sich selbst auszudrücken und gleichzeitig Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Psychologie der Zielgruppen
Werbetreibende wissen genau: Menschen reagieren unterschiedlich auf bestimmte Reize. Die wahre Kunst liegt in der präzisen Anpassung der Botschaften. Jede Altersgruppe, Lebensphase und soziale Schicht bringt eigene Bedürfnisse, Ängste und Sehnsüchte mit sich – und genau diese werden gezielt angesprochen.
Dabei geht es längst nicht nur um das Alter. Auch Interessen, finanzielle Möglichkeiten, sportliche Aktivitäten oder das soziale Umfeld werden sorgfältig analysiert. Für jede dieser Gruppen werden psychologische Strategien entwickelt, die passgenau auf deren Lebenswelt abgestimmt sind.
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