Das Problem? Wer sich bereits von der Realität abgewandt hat, wird auch keine Fakenchecks (z.B. vom Volksverpetzer) lesen. Man nennt es auch den „backfire Effekt“ (Überzeugungsversuche erzeugen sofort Abwehrhaltungen). Denn wie an andere Stelle schon beschrieben, handeln Menschen keineswegs so rational, wie sie glauben.

Fazit aus dem Artikel „Faktoren der Risikowahrnehmung„

Emotionen haben gegenüber analytischen / rationalen Überlegungen einen evolutionären Vorteil – sie entstehen meist automatisch und ohne jede geistige Anstrengung. Aus diesem Grund sind intuitiv geführte Entscheidungen relativ häufig bessere „Ratgeber“ als die geliebte Vernunft des Menschen.

Das menschliche Gehirn kann also Fehler erzeugen, wenn es Situationen mit emotionalen Erinnerungen verknüpft. Und schon ist es möglich ganz fest an Unsinn zu glauben. Nämlich dann, wenn man für sein Weltbild schon immer weder Fakten, offzielle Quellen noch Studien zu Rate gezogen hat.

Online nicht diskutieren

Findet der Verschwörungsgläubige auch noch andere Menschen, die seine Meinung teilen, wird sein Weltbild immer weiter verfestigt, bis zur Radikalisierung. Fremde Personen außerhalb der Filterblase werden als Feinde wahrgenommen, die nur ihre Identität zerstören wollen. Volksverpetzer rät deswegen:

Blockt diese Leute, was das Zeug hält. Spart euch eure Zeit und euren Ärger, […]Die einzige Ausnahme sind vielleicht öffentliche Kommentarspalten […] Aber nur um Mitlesende aufzuklären.

Rage Bait erkennen

Rage bait bedeutet „Wutköter“. Das sind Artikel ,die bewusst auf Wut aufgebaut sind und meist zusammen mit Fake News und Halbwahrheiten verbreitet werden. Funktioniert es, übernimmt das emotionales Gehirn (limbische System), der präfrontaler Kortex (logisches Denken) wird abgeschwächt, d.h. statt dem bewussten Denken greift nur noch ein reflexgesteuertes Reagieren.

typische Trigger:

Es handelt sich um faktenleere, bewusst emotionalisierte Sätze, die in social Media durch Algorithmen ¹⁾Algorithmen erkennen menschliche Interessen, je mehr Interaktion ein Thema hat, um so mehr Menschen wird es auch angezeigt um so sichtbarer werden, um so mehr sich Menschen darüber aufregen. Es entsteht eine Kettenreaktion durch mehr Wutkommentare, mehr Teilen, noch mehr Sichtbarkeit.

• Regierung verbietet XY – Kontrollverlust
• Grüner Verbotswahn – jetzt wird XY verboten – Angst vor Entmündigung
• Genderwahn jetzt auch im Kindergarten – Werteverlustangst
• Deutsch wird in deutschen Schulen verboten – nationale Angst, drohender Identitätsverlust
• Man darf ja gar nichts mehr sagen – Opfergefühl / Rebellion

Fazit:

Alle Menschen fallen immer wieder auf rage bait herein, indem sie vom Kritiker zum Multiplikator werden und sich so zum Werkzeug der Manipulation machen.

Netzwerk aus Akteuren

1. Trollfabriken und Desinformationsnetzwerke – aus Russland, China, Iran oder Usa betreiben tausende Fake Profile, um Misstrauen zu schüren. Es ist keine offensichtliche Propaganda, sondern der Versuch mit Konflikten, Emotionen die Menschen dazu bringen sich gegenseitig zu zerfleischen
2. sogenannte „Alternative Medien“ – populistische Meinungsmacher, die angeblich „gegen das System“ arbeiten. Diese Seiten arbeiten, wie bereits erwähnt profitorientiert
3. Clickbait-Portale und Engagement-Farmen – automatische Netzwerke posten mit ki-generierten Accounts Aufregung/Empörung (Schule führt Burka Pflicht ein, etc.)
4. politische Akteure im In- und Ausland – Parteien und politische Gruppen sowie Influencer wollen: Gegner diskreditieren, eigene Basis emotionalisieren, Debatten vorgeben, Gesellschaft spalten (Beispiel Merzwahlkampf 2025 durch Lügen gegenüber Grün und schließlich Übernahme grüner Forderungen, da diese sinnvoll sind)

Wie man am besten Rage bait erkennen kann

• nicht sofort der ersten Empörung nachgeben
• Quellen auf Seriosität überprüfen
• nur viel Meinung statt Belege und Daten?
• viel Gebrüll (Skandal, Unfassbar, jetzt reichts, etc)
• eigene Emotionalität erkennen (Herzklopfen, Erröten, etc.)

Offline sprechen – mit persönlichen Bekannten

Es scheint klar – einen Verschwörungsgläubigen kann man nur über Emotionen versuchen zurückholen, es braucht eine persönliche Bindung zum Gegenüber.

• Informationen so formulieren, dass sie vertraut vorkommen
• Autoritäten zitieren, die akzeptiert werden
• das Weltbild nicht belächeln/ immer freundlich bleiben/ öffentlich nicht bloßstellen
• Unsinn nicht wiederholen/ keine „nicht Sätze“ bilden
• nur einfache und wenig Argumente in kurzen einfachen Sätzen aufgreifen
• Trigger und Statistiken vermeiden

Ist selbst das nicht mehr möglich, könnte ein Kontaktabbruch das letzte Mittel der Wahl sein.

Tipps von klimafakten.de

1. das Informations Defizit Model (Menschen glauben an Unwahrheiten, weil sie nicht über relevante Fakten verfügen) hat sich als falsche These erwiesen – die Versorgung von Fakten ändert Sichtweisen der Menschen, die an Unwahrheiten glauben wollen, kaum
2. das unbewusste Motiv gegen Faktenleugnung (unangenehme Wahrheiten, die auch noch mit einem nötigen Lebenswandel einhergehen werden von einigen Menschen gern verdrängt) – statt mit Gefahren/Katastrophen zu argumentieren, besser die Fakten (z,B. Klimawandel) als Chance verkaufen
3. die Emotionalität auf beiden Seiten – statt aufeinander einzuschreien / Beleidigungen auszustoßen, besser eine Basis des Vertrauens herstellen – das ist Offline erfolgreicher als Online, da Online meist gar keine Gemeinsamkeiten vorhanden sind – die inhaltliche Ebene kann nur in kleinen Schritten gelingen
4. „belief perseverance“(Fehlinformationen benennen, reicht allein nicht aus) – Anstelle der Fehlinformation sollte eine alternative Erklärung mit tatsächlichen Zusammenhang ins Gedächnis gelangen
5. Geschichten, statt komplexe Fakten – seit Beginn der Sprache wurde die Welt meist in Form von Märchen, Erzählungen, Liedern und Geschichten (Geschichten spannender Einzelschicksale, von gewagten Lösungsansätzen, von großen Ideen und gemeinsamen Visionen, etc. [deswegen funktioniert einfaches gut/böse Denken]) erklärt – Menschen begreifen am besten, wenn sie emotional berührt sind

Sie (Verschwörungsmärchen) verwenden eine der ältesten und wirksamsten Formen von Erzählungen: Ein Bösewicht (die Eliten, irgendeine andere finstere Macht) wirft eine dunkles Netz an Lügen (Klimawandelgeschichte) aus, um die Menschheit zu unterjochen (sie wollen Geld verdienen), aber nur eine kleine Minderheit an besonders schlauen Menschen (klar, da gehöre ich dazu) kommt ihnen auf die Schliche „mit gutem Ende“. Dagegen ist mit Zahlen nicht anzukommen …

Zitat: kimafakten.de

6. Verschwörungsgläubigen Fragen stellen – um Details, Nachfragen, Erklärungen bitten (wer wird bezahlt, woher kommt der Auftrag, wie wird die weltweite Verschwörung organisiert, etc.) – damit rechnen, dass die Befragten schließlich wütend werden

7. Unterschiede von Verschwörungsgläubigen – nur zweifelnde, unentschlossene Menschen können erreicht werden, die noch nicht zu stark im Verschwörungssumpf stecken – Märchen „Onkel/Tanten“ (z.B Hildmann, etc.) kann man höchstens das Publikum auspannen – Diskussionen mit Märchenerzählern dient nur dem Umfeld !

Es ist der Glaube daran, man habe Geheimnissen entdeckt und man sei damit etwas Besonderes.

Miro Dittrich, Extremismusforscher