wie Rassismus erfunden wurde
die Psychologie der Entmenschlichung
I. der innere Zwiespalt
Unmenschliche Vorstellungen konnten trotz Aufklärung und wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterbestehen. Der Grund dafür liegt im menschlichen Denken. Rassismus entsteht nicht nur durch Unwissenheit, sondern auch durch psychologische Schutzmechanismen, die tief verankert sind.
Bevor Handlungen ausgeführt werden, muss eine innere Rechtfertigung stattfinden. Die Frage, wie sich Menschen selbst erklären können, dass andere ausgebeutet oder benachteiligt werden, führt direkt zur psychologischen Ebene.
II. der erste Mechanismus: Entlastung des Gewissens
Ein innerer Widerspruch entsteht, wenn eigene Werte – etwa Mitgefühl oder Gerechtigkeit – nicht mit dem Verhalten übereinstimmen. Um diesen Konflikt zu lösen, wird entweder das Verhalten geändert oder die Sicht auf das Gegenüber angepasst.
Selbstberuhigung durch Abwertung: Die Vorstellung, dass das Opfer weniger wert sei, dient als Entlastung. So wird die Handlung als gerecht empfunden.
Gedankliches Alibi: Die Theorie von „Rassen“ bietet eine einfache Erklärung: Wer als minderwertig gilt, muss nicht gleich behandelt werden.
Durch diese Denkweise wird das Gewissen beruhigt und die Handlung als notwendig oder sogar richtig empfunden.
III. der zweite Mechanismus: Gruppenbildung und Vereinfachung
Das menschliche Gehirn arbeitet mit Vereinfachungen, um die Welt besser zu ordnen. Dabei entstehen Gruppen – „Wir“ und „Die Anderen“.
Bevorzugung der eigenen Gruppe: Die eigene Gemeinschaft wird als besser wahrgenommen, während andere Gruppen als gleich und austauschbar gelten.
Verlust der Individualität: Einzelne Geschichten oder Gefühle der „Anderen“ werden nicht mehr wahrgenommen. Dies spart Energie und verstärkt Vorurteile.
Hautfarbe als Merkmal: Die Einteilung nach äußerlichen Merkmalen wie Hautfarbe wurde genutzt, um die Fremdgruppe klar und dauerhaft abzugrenzen.
IV. der dritte Mechanismus: Mitgefühl wird blockiert
Der schwerwiegendste Schritt ist die Entmenschlichung. Dabei wird die Fremdgruppe nicht mehr als vollständig menschlich wahrgenommen.
Abschaltung des Mitgefühls: Wenn jemand als Sache oder ein anderes Tier (FAQ) gesehen wird, fällt es leichter, kein Mitgefühl zu empfinden.
Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Bereiche im Gehirn weniger aktiv sind, wenn stark entmenschlichte Gruppen betrachtet werden. Dadurch können grausame Handlungen wie Versklavung oder Gewalt ohne Schuldgefühl ausgeführt werden. Die Verantwortung wird oft den Betroffenen selbst zugeschoben.
V. Fazit: Rassismus als Schutzmechanismus
Die rassistische Denkweise dient als Schutzschild. Sie hilft, Schuldgefühle zu vermeiden, vereinfacht die Welt durch Einteilungen und verhindert Mitgefühl. Deshalb bleibt die Vorstellung von „Rassen“ bestehen – selbst wenn sie wissenschaftlich widerlegt wurde.
Um diese Denkweise zu überwinden, reicht Wissen allein nicht aus. Es braucht auch die bewusste Förderung von Mitgefühl und das Erkennen der psychologischen Muster.
Die Grundmuster von Diskriminierung
I. Einleitung: Die Idee der Ungleichheit
Um Ausbeutung zu rechtfertigen, wurde die Einteilung in „Wir“ und „Die Anderen“ genutzt. Dieses Muster ist nicht auf Rassismus beschränkt, sondern taucht überall dort auf, wo Macht ausgeübt und gesichert werden soll.
II. Schritte der Abwertung
Unabhängig davon, ob es um Hautfarbe, Geschlecht oder Alter geht – die Mechanismen ähneln sich:
Einteilung nach Merkmalen: Eine sichtbare Eigenschaft wird zur Trennlinie gemacht. Das schafft die Grundlage für Ausgrenzung.
Behauptung von Natürlichkeit: Die Ungleichheit zwischen Menschen wird als „natürlich“ oder „biologisch“ dargestellt. So entsteht der Eindruck, dass Veränderung nicht nötig sei. (Rassismus -> Hautfarbe, Sexismus -> Geschlecht, usw.)
Entmenschlichung: Der betroffenen Gruppe werden wichtige Eigenschaften abgesprochen. Dadurch wird es möglich, sie zu kontrollieren oder auszubeuten, ohne Schuld zu empfinden.
III. Beispiele für das Muster
Geschlecht und Sexualität: Frauen werden oft auf ihre biologische Rolle reduziert. Abweichungen von der Norm – etwa bei Sexualität oder Geschlechtsidentität – gelten als „unnatürlich“ und werden abgewertet.
Alter: Ältere Menschen gelten als starr oder belastend, jüngere als unreif. So wird Einfluss verweigert und Angst vor dem eigenen Altern abgewehrt.
Versachlichung anderer Tiere: Auch andere Tiere (FAQ) werden entwertet. Ihre Gefühle und Fähigkeiten werden ignoriert, damit sie als „Sachen“ behandelt werden können – etwa in der Massentierhaltung 1)Massentierhaltung = Unwort wegen Verharmlosung und Quälerei oder bei Tierversuchen 2)Tierversuche = Unwort wegen Grausamkeit.
IV. Überschneidungen der Diskriminierung
Diskriminierung tritt oft nicht einzeln auf. Mehrere Formen können sich überschneiden und verstärken. Eine versklavte Frau in der Kolonialzeit war gleichzeitig betroffen von Rassismus, Sexismus und sozialer Abwertung.
V. Fazit: Muster erkennen
Diskriminierung folgt bestimmten psychologischen Regeln. Wer diese erkennt, kann sich gegen sie wehren – unabhängig davon, gegen wen sie sich richtet. Das Verstehen dieser Muster ist der erste Schritt, um Ungleichheit zu überwinden.
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