cradle to cradle
Der Umweltchemiker Michael Braungart arbeitet seit 1988 an einem beeindruckenden Konzept. Er ermöglicht interessierten Unternehmen einen absolut müll- und schadestofffreien Produktionsweg. Dies ist keine Magie, sondern das Ergebnis einer intelligenten, sorgsamen Auslese von hochwertigen und gleichsam umweltfreundlichen Materialien, die nach dem Gebrauch einfach vollständig verrotten oder aber zu 100 Prozent wieder verarbeitet werden können.
Das Konzept nennt sich: cradle to cradle
Diese Art des respektvollem Umgangs mit den Ressourcen der Natur ist mehr als das bekannte Recycling. Es muss kein Müll sortiert oder gar verbrannt werden. So wie ein Kirschbaum in voller Blüte verschwenderisch erscheint, aber die herunterfallenden Blütenblätter Nährstoffe
für andere Organismen bilden, so sollen die Produktionswege für den Menschen übertragen werden, indem man vor Herstellung der Ware konsequent die Wiederverarbeitung der Materialien bzw. „Nährstoffe“ mit einbezieht.
Was steckt hinter dem Projekt?
Den Begriff „Abfall“ gibt es in der Natur nicht, denn außer vom Menschen selbst wird in der Natur kein Müll produziert, kein Lebensraum vergiftet oder zerstört. Aus dieser Tatsache heraus kennt die Natur aber auch keine Einschränkungen und schon gar keinen Verzicht. All dies ist nur möglich weil natürliche Nährstoffkreisläufe nach einem Gleichgewicht streben.
Herr Braungart wählt als Verdeutlichung den Ameisenvergleich. Erstaunlicherweise ist die Biomasse aller weltweit lebenden Ameisen viel größer, als die der Menschen. Würden wir also so leben wie die Ameisen, gäbe es laut Braungart gar keine Überbevölkerung. Allerdings ist es für uns mittlerweile unvorstellbar ohne all die Annehmlichkeiten (Fernsehr, Waschmaschine, Sport, Kultur, Infrastruktur etc.) zu leben und trotzdem ist es mit dem cradle to cradle Prinzip möglich ohne Verzicht und vorallendingen ohne Gewissensbisse als Mensch auf der Erde zu leben.
Übersetzt bedeutet cradle to cradle von „der Wiege zur Wiege“. Dies ist das totale Gegenteil vom derzeitigen Modellen. Diese basieren auf einen massiven Rohstoffverbrauch, welcher nur zu einem geringen Teil wiederverarbeitet (recycelt) werden kann. Das Konzept von Michael Braungart setzt stattdessen aber nicht auf die Verringerung oder auf den Verzicht von Produktionswegen, sondern sieht die Zukunft in zyklischen Nährstoffkreisläufen.
Dies bedeutet nichts weiter, als das geeignete Materialien zum richtigen Zeitpunkt wie auch Ort eingesetzt werden – so wird der Kreislauf einfach nie unterbrochen. Dabei werden 3 Prinzipien als Grundpfeiler eingesetzt.
- die Natur kennt kein Abfall: Das Ende eines Zustandes ist der Anfang eines anderen. D.h. wenn ein Baum seine Blüten verliert, wäre dies ebenso Abfall – da dies aber eine Nahrungsquelle für viele Organismen darstellt wird nichts verschwendet. Diese Organismen wiederrum geben Nährstoffe in den Boden ab, die der Baum wieder seinerseits verwerten kann. Ziel ist es menschliche Abfälle in dieses System zu integrieren.
- zukunftsorientierte Energien nutzen: Ohne die Nutzung der fossilen Brennstoffe hätte es die Industrialisierung niemals gegeben. Der fatale Fehler hinter der Nutzung liegt in der Abhängikeit jener Materialien, denn diese müssen sich erst über Millionen von Jahren herausbilden und erzeugen bei ihrer Verwendung auch noch umweltschädliche Nebenprodukte. Populärstes Beispiel ist die Atomindustrie, welche den Planeten schamlos hochgefährliche Giftstoffe wissentlich aufbürdet, die man schon heute vermeiden könnte. Die Zukunft liegt in den erneuerbaren Energiekonzepten, wie Sonnen- Wasser- Windenergie.
- die Biodiversität schätzen und respektieren lernen: Je komplexer ein natürliches System ist, umso stabiler und weniger anfällig für Störungen ist es dann auch. Die Globalisierung hingegen baut auf Einförumigkeit, auf starre Abläufe und sorgt damit für eine bedrohliche Instabilität. Produktionsabläufe müssen flexibler werden, damit eine Abhängikeit nicht so tiefgreifend ins Gewicht fallen kann.
Die Kreisläufe im Focus
Es werden zwei Kreisläufe für die intelligente Wiederverwertung von Rohstoffen unterschieden, der biologische und der technische Kreislauf.
Beim biologischen Kreislauf liegt der Focus auf den Verbrauchsgütern, die direkt nach aber auch während der Produktion wieder in den Kreislauf eingeführt werden können. Der einstige „Müll“ wird zu einem biologischen Nährstoff. Typische Verbrauchsgüter sind:
- Nahrungsmittel
- Gewebe
- und Kosmetik
die kompostierbar sind. Abstrakt klingt z.B. die Verwendung eines T-Shirts das nach dem Gebrauch auf dem Kompost landen kann.
Beim technischen Kreislauf kommt es auf die Gebrauchsgüter an. Der Unterschied zu den Verbrauchsgütern liegt im Wort selbst. Verbrauchsgüter sind nach der Verwendung verbraucht (gegessen, verarbeitet, etc), Gebrauchsgüter kann man nach der ersten Verwendung viele Male weiterbenutzen. Möchte der Mensch sie nicht mehr nutzen, oder sind sie kaputt, ist es möglich aus ihnen „technische Nährstoffe“ zu gewinnen. D.h darin enthaltene biologische Nährstoffe können verrotten und der Rest kann sinnvoll wiederverarbeitet werden. Typische Gebrauchsgüter sind:
- Möbelstücke
- Autos
- PCs etc.
Die Vision
Das Konzept „cradle to cradle“ soll dem Menschen dazu verhelfen nicht ständig an Verzicht oder Reduzierung denken zu müssen. Es soll in eine Welt führen, in der es der Natur gut tut, wenn die Wirtschaft bommt und man bedenkenlos einkaufen kann. Jedes Haus, jede Fabrik kann sich in einem natürlichen Kreislauf befinden und damit Nahrung für andere Lebewesen erzeugen, wie ein Baum in voller Blüte. Dies wäre mit dem cradle to cradle Konzept durchaus möglich.
Noch heute ist das Wirtschaftswachstum der größte Feind der ökologischen Systeme, da kein sprichwörtlicher natürlicher Kreislauf besteht. Die Veringerung der Treibhausgase verzögert die Problematik nur, lösen kann man so das Ungleichgewicht gegebenüber der Natur nicht.
Es braucht einen neuen Blickwinkel. Das cradle to cradle Konzept füllt diese klaffende Lücke hervorragend, die Unternehmer sind gefragt.
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Bildquelle: www.only-one-world.de