die Hexenprozesse von Salem
Die Hexenprozesse von Salem im Jahr 1692 sind mehr als nur amerikanische Kolonialgeschichte. Innerhalb weniger Monate wurden über 200 Menschen der Hexerei beschuldigt, 30 verurteilt und 19 gehängt – darunter auch mehrere angesehene Gemeindemitglieder.
Salem war zu dieser Zeit eine puritanische Gemeinde in der Massachusetts Bay Colony, religiös geprägt und sozial angespannt. Es gab politische Unsicherheit: Die Kolonie hatte keine gültige Charta mehr – also keine echte Verfassung –, was die Rechtsprechung erschwerte.
Es gab Streitigkeiten über Landbesitz, Eifersüchteleien und alte Familienfehden sorgten für Misstrauen. Flüchtlinge aus dem Norden, die vor Angriffen im King William’s Krieg flohen, brachten zudem schockierende Berichte von Gewalt mit.
Die ländliche Bevölkerung von Salem Village war oft ärmer, als das städtische Salem Town – ein klassischer Stadt-Land-Konflikt. Anfang 1692 begannen mehrere junge Mädchen in Salem Village – darunter Betty Parris und Abigail Williams – seltsames Verhalten zu zeigen: sie schrien, zuckten, warfen sich zu Boden und behaupteten, von übernatürlichen Kräften geplagt zu werden.
Medizinischen Erklärungen blieben aus. Also folgte bald der Vorwurf der Hexerei. Die ersten drei Beschuldigten waren soziale Außenseiterinnen:
- Tituba (eine versklavte Frau)
- Sarah Good (eine Bettlerin)
- Sarah Osborne (eine kranke Frau, die selten zur Kirche kam).
„spektrale Beweise“ vor Gericht
Ihr „niederer Status“ machte diese Frauen zu leichten Zielen. Die Prozesse wurden unter dem Gerichtshof Oyer and Terminer geführt, angeführt von Richter William Stoughton. Sie basierten häufig auf sogenannten „spektralen Beweisen“ – Aussagen, jemand habe den Geist (Specter) eines Angeklagten bei sich gespürt oder gesehen.
Natürlich war diese Form der „Beweisführung“ vollkommen subjektiv und nicht überprüfbar. Angst, Gruppendruck und Selbstschutz führten dazu, dass auch Kinder, Freunde und Nachbarn plötzlich ihre Mitmenschen beschuldigten.
Umdenken setzt ein
Als schließlich sogar Martha Corey und Rebecca Nurse (beide hoch angesehen) angeklagt wurden, begannen Zweifel zu wachsen. Der Gouverneur von Massachusetts, William Phips, schritt ein, nachdem auch seine eigene Frau ins Visier geraten war.
Im Oktober 1692 wurde das Gericht aufgelöst, spektrale Beweise verboten, und die verbliebenen Gefangenen wurden freigelassen. Die Prozesse endeten offiziell – aber das Misstrauen blieb.
ausgeführte Verbrechen
Bis dahin jedoch wurden:
- 19 Menschen gehängt
- 1 zu Tode gepresst (Giles Corey)
- mehrere Menschen starben im Gefängnis
Erst Jahrzehnte später wurden offizielle Entschuldigungen ausgesprochen, darunter von Richter Samuel Sewall. 1957 (erst 265 Jahre später) wurden die Verurteilten schließlich offiziell rehabilitiert.
Mechanismen der sozialen Hysterie
Was die Hexenprozesse von Salem so erschreckend aktuell macht, ist nicht der Glaube an Magie, sondern die Mechanismen der sozialen Hysterie.
Massenpanik und Verschwörungsideologien verbreiten sich rasend schnell, früher auf Dorfplätzen in der Neuzeit durch social media. Menschen werden öffentlich beschuldigt, bevor Fakten geprüft werden (z.B. „Cancel Culture“, Online-Shaming, Hetze gegen geflüchtete Menschen und Minderheiten ohne faire Untersuchung oder Verteidigungsmöglichkeit).
Der Glaube, „moralisch richtig“ zu handeln führt scheinbar zu Legitimation von Unrecht – ganz wie 1692 bei den Hexenprozessen.
Die Hexenprozesse von Salem waren kein einmaliger „Irrtum der Geschichte“, sondern zeigt, was passieren kann, wenn Angst, Machtinteressen und Vorurteile ein rechtsstaatliches System verdrängen (wollen).
Damals waren es Dämonen und Teufel – heute sind es oft ideologische Feindbilder oder digitale Pranger. Wahrheit braucht Zeit, Gerechtigkeit braucht Mut – und die Menschlichkeit braucht Schutz durch gelebte Demokratie.
Text: @Infokomposter / Bluesky – Bildquelle: Ennaej / Pixabay