Pilz übernimmt Kontrolle von Ameisen
Der „Ameisenpilz“ (Ophiocordyceps unilateralis), ist ein erst seit einigen Jahren aus den brasilianischen Tropen bekannter Pilz. Er hat die Fähigkeit, den Verstand einer Ameise vollständig zu übernehmen und sie schließlich zu töten.
Kontrollübernahme
Wenn der Pilz eine Ameise infiziert (dringt über Chitinpanzer ein), wächst er durch den Körper des Insekts, entzieht ihm die Nährstoffe und übernimmt die Kontrolle des Gehirns. Im Laufe einer Woche zwingt er die Ameise, die Sicherheit ihres Nestes zu verlassen und einen nahe gelegenen Pflanzenstamm zu erklimmen.
In einer Höhe von 25 Zentimetern wird die Ameise gestoppt – ein Bereich mit genau der richtigen Temperatur und Feuchtigkeit für das Wachstum des Pilzes. Er zwingt die Ameise dazu, ihre Mandibeln (Mundwerkzeug einer Ameise) dauerhaft um die Blattader zu schließen. Schließlich schickt der Pilz einen langen Stiel durch den Kopf der Ameise und wächst zu einer bauchigen Kapsel voller Sporen heran.
Und da die Ameise in der Regel auf ein Blatt klettert, das über die Futterwege ihrer Kolonie hinausragt, regnen die Pilzsporen auf ihre Artgenossen herab und infizieren diese.
Versuche mit Ameisen
Um zu verstehen was der Pilz im Wirt überhaupt auslöst, wurden befallene Ameisen in verschiedenen Stadien über spezielle Mikroskope in nur 50 Nanometer feinen Scheiben gescannt und zu einem 3D-Modell zusammengesetzt – nur um zu unterscheiden welche Teile Ameisen und welche Pilze waren.
Eine unfassbar komplexe Aufgabe. Es dauerte drei Monate, um nur einen Muskel zu markieren. Um die Arbeit zu beschleunigen wurde eine künstliche Intelligenz darauf trainiert, Ameisen von Pilzen zu unterscheiden. Nach und nach ergab sich ein komplexes Bild der Wirkung.
aus einer Pilz-Zelle wird eine ganze Kolonie
Wenn der Pilz zum ersten Mal in seinen Wirt eindringt, existiert er als einzelne Zelle, die im Blutkreislauf der Ameise umherschwimmt und neue Kopien von sich selbst abwirft. Doch irgendwann, so zeigen diese Scans, beginnen diese einzelnen Zellen zusammenzuarbeiten. Sie verbinden sich miteinander, indem sie kurze Röhren bilden, wie man sie bisher nur bei Pilzen gesehen hat, die Pflanzen infizieren.
Auf diese Weise miteinander verbunden, können sie kommunizieren und Nährstoffe austauschen. Sie beginnen, in die Muskeln der Ameise einzudringen, indem sie entweder in die Muskelzellen selbst eindringen oder in die Zwischenräume zwischen ihnen wachsen.
Man kann sich den Pilz wie eine Kolonie vorstellen, ähnlich wie die Ameisen, auf die er abzielt. Einzelne mikroskopisch kleine Zellen beginnen ihr Leben allein, arbeiten aber schließlich zusammen und verschmelzen zu einem Superorganismus. Gemeinsam können diese hirnlosen Zellen das Gehirn eines weitaus größeren Lebewesens in Beschlag nehmen.
Die Pilzzellen breiten sich im gesamten Körper der Ameise aus, einschließlich ihres Kopfes, aber das Gehirn selbst bleibt überraschenderweise unberührt. Die Manipulation von Ameisen durch Ophiocordyceps ist so präzise, dass es überrascht, dass der Pilz nicht in das Gehirn seines Wirts eindringt.
Der Pilz sondert eine breite Palette von Chemikalien ab, die das Gehirn aus der Ferne beeinflusst. Diese Vorgehensweise ist wohl einzigartig heimtückisch. Feindliche Kräfte dringen in den Körper eines Wirts ein und nutzen diesen Körper wie ein Walkie-Talkie, um miteinander zu kommunizieren.
das Ende der Ameise
Der Pilz übt eine direkte Kontrolle über die Muskeln der Ameise aus, wie bei einer Marionette. Sobald eine Infektion im Gange ist, sterben die Neuronen im Körper der Ameise ab (diejenigen, die dem Gehirn die Kontrolle über die Muskeln geben). Die Ameise stirbt, weil sie ihr Mundwerkzeug nicht mehr lösen kann und verhungert – währenddessen der Pilz sich weiter ausbreitet, Sporen bildet und Nährstoffe aus der toten Ameise entzieht.
Text: @Infokomposter / Bluesky – Bildquelle: Aleksander Polanowski / Pixabay