die Seekiefer (mit Erinnerungsfunktion)
Die Lebensbedingungen für alle Lebewesen ändern sich. Mal schneller, mal langsamer – aktuell sehr rasant. Die Samen des Seekiefers (Pinus pinaster) können sich an die Temperatur ihrer Umgebung „erinnern“ und dadurch besser wachsen.
In den Genen der Pflanzen – genauer gesagt in der Art und Weise, wie diese Gene gesteuert werden, liegt der Schlüssel. Der Seekiefersamen verändert dabei nicht direkt seine DNS, sondern nutzt sogenannte epigenetische Anpassungen.
Das bedeutet, dass bestimmte Schalter in der DNS an- oder ausgeschaltet werden, je nachdem, welche Umweltbedingungen vorgefunden werden.
Versuche mit Seekiefer – Samen
Ein Team von Wissenschaftlern hat die Samen verschiedenen Temperaturen ausgesetzt: 20 °C, 25 °C und 30 °C. Danach untersuchten sie, was mit den Genen passiert war, und fanden heraus, dass sich die Samen tatsächlich auf die Bedingungen einstellten. Sie „merkten“ sich die Umgebungsvariablen während der Keimphase (in den ersten drei Jahren).
Die Forscher identifizierten 10 Gene, die eine Ansammlung epigenetischer Markierungen aufwiesen. Die Gene sind für bestimmte Funktionen verantwortlich, insbesondere Schutzreaktionen auf Stress, Anpassungen an Temperaturbedingungen und Embryonalentwicklung.
Hierbei werden kleine Markierungen an der DNS angebracht, die bestimmen, welche Gene aktiv sind und welche nicht. Diese Markierungen beeinflussen beispielsweise, wie gut ein Samen mit Hitze oder Trockenheit zurechtkommt.
Zum Beispiel die Gene, die Stressproteine herstellen, die wie ein Schutzschild bei Wärme oder anderen Herausforderungen wirken. Oder schnellere Keimung: Wenn die Samen an die Hitze gewöhnt waren, keimten sie schneller und erfolgreicher, wenn sie später wieder höheren Temperaturen ausgesetzt wurden.
Dieses „thermische Gedächtnis“ gibt dem Seekiefer einen großen Vorteil. Die Samen sind besser darauf vorbereitet, in heißen oder wechselnden Umgebungen zu überleben.
Diese Entdeckung zeigt, wie schlau die Natur ist: Pflanzen passen sich an ihre Umgebung an, ohne ihre DNS komplett umzuschreiben. Diese Mechanismen könnten genutzt werden, um Bäume widerstandsfähiger gegen Hitze zu machen, zum Beispiel in der Forstwirtschaft.
Seekiefer als Holzlieferant
Die Seekiefer ist nur eine Pflanze, die bislang untersucht wurde – denn sie ist in Frankreich ein wichtiger Holzlieferant und daher natürlich im Fokus des Interesses. Ob andere Pflanzen, Bäume über ähnliche Mechanismen verfügen ist bislang unklar – aber sehr wahrscheinlich.
Die Forschung steht da noch ganz am Anfang. Diese Erkenntnisse bislang geben Hoffnung, dass sich viele Pflanzen an die Klimakrise anpassen könnten – zumindest, wenn sie nicht zu schnell voran schreitet.
Die beiden wichtigsten, bislang unbeantworteten Fragen sind:
Gibt es generationsübergreifende Effekte, also werden epigenetische Veränderungen auch an die Nachkommen weitergegeben?
Vermutlich ist dem so, denn so genannte small RNSs (sRNS) und transposable Elemente in der DNS können ebenfalls zu dieser Anpassungsfähigkeit beitragen, da sie in der Lage sind, Genregulationsmuster flexibel zu ändern.
Wie können diese Mechanismen genutzt werden, um Forstwirtschaft und Naturwälder an steigende Temperaturen anzupassen?
Wer hätte gedacht, dass in so einem winzigen Samen eine so geniale Strategie steckt?
Merkmale
- stammt aus dem westlichen Mittelmeerraum
- wird bis zu 300 Jahre alt
- Höhe: 15 bis 40 Metern
- kräftige und tiefreichende Pfahlwurzel, dicke Borke
- mit acht bis zehn Jahren fortpflanzungsfähig
- problematisch sind: verunreinigte Meerwassergischt, einige Pilzarten (z.B. Rotfäule), einige Insektenarten (z.B. Läuse)
- früher vom Menschen als Harzquelle genutzt, heutzutage auch Holz
Quellen:
www.inrae.fr/en/news/maritime-pine-seeds-remember-temperature-conditions
de.wikipedia.org/wiki/See-Kiefer
Text: @Infokomposter & @Anouk / Bluesky –Bildquelle: Julia Casado / Pixabay