Kirche und Kreuzzüge
der Niedergang der Kiewer Rus’
Auch die Kiewer Rus’ litt unter dem Rückgang des Handels mit Byzanz. Unter Jaroslaw dem Weisen hatte sie im 11. Jahrhundert eine Blütezeit erlebt:
Kiew war eine Großstadt mit bis zu 100.000 Einwohnern
Bedeutende Bauwerke wie die Sophienkathedralen in Kiew und Nowgorod entstanden
Doch mit wachsender Selbstversorgung durch Bauern und Handwerker verlor der Fernhandel an Bedeutung. Gleichzeitig entstanden in Randregionen wie Galizien, Wolhynien und Nowgorod nahezu autonome Fürstentümer.
1169 griff der Fürst von Wladimir Kiew an, brannte die Stadt nieder und machte Wladimir zur neuen Hauptstadt. Das Reich wurde nur noch durch äußere Bedrohungen zusammengehalten – etwa durch Polen im Westen und nomadische Reitervölker aus den südlichen Steppen.
Der Begriff „Ukraina“ (Grenzland) entstand in dieser Zeit – daraus entwickelte sich der heutige Name Ukraine.
Die Mongolen und die Goldene Horde
Mit dem Auftauchen der Mongolen verschärfte sich die Lage:
Bis Mitte des 13. Jahrhunderts eroberte die Goldene Horde große Teile der Rus’
Die Mongolen übten keine direkte Herrschaft aus, sondern forderten Tribut
Für die griechisch-orthodoxe Rus’ war es eine Demütigung, von „Ungläubigen“ abhängig zu sein. Einige Fürsten kooperierten mit dem Khan, der sie gegeneinander ausspielte. Besonders erfolgreich waren die Fürsten von Moskau, die den Titel „Großfürst der Rus’“ erhielten.
Ein wichtiger Vorteil: Um 1300 verlegte der Metropolit (Oberbischof) den Sitz der orthodoxen Kirche nach Wladimir, 1328 dann nach Moskau.
Aufstieg Moskaus und Widerstand
Die Städte Nowgorod und Pskow setzten im 13. Jahrhundert das Recht durch, ihre Fürsten selbst zu wählen und abzusetzen – sie wurden zu Stadtrepubliken.
Als das Khanat der Goldenen Horde ab 1350 durch innere Konflikte geschwächt wurde, wagte Dmitri Donskoi, Großfürst von Moskau, 1380 den Angriff:
In der „Schlacht auf dem Schnepfenfeld“ besiegte er das mongolische Heer
1382 plünderten die Mongolen Moskau, doch ihr Mythos der Unbesiegbarkeit war gebrochen
Regionale Entwicklungen und neue Mächte
Der Nordwesten um Nowgorod blieb unabhängig und konzentrierte sich auf den Handel mit der Hanse
Im Süden der Kiewer Rus’ war der mongolische Einfluss begrenzt
Die Region profitierte sogar von der Pax Mongolica – dem Schutz der Handelswege
Galizien und Wolhynien erlebten einen wirtschaftlichen Aufschwung, auch durch Flüchtlinge aus den steppennahen Gebieten. Im 13. Jahrhundert wurde u.a. Lemberg (L’viv) gegründet.
Doch der Erfolg weckte Begehrlichkeiten:
Im 14. Jahrhundert fielen große Gebiete – darunter Kiew – an das Großfürstentum Litauen
Galizien fiel an das katholische Königreich Polen
1396 wurde der litauische Großfürst Jagiełło auch König von Polen
Nach dem Sieg über den Deutschen Orden bei Tannenberg 1410 wurde Litauen zur Vormacht in Osteuropa.
Iwan III. – Der Aufstieg Moskaus
Iwan III. („der Große“), Großfürst von Moskau, setzte im 15. Jahrhundert die territoriale Ausweitung seines Fürstentums fort. Dabei hatte er die Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche, die sich zunehmend von Konstantinopel löste.
Auf dem Konzil von Florenz wurde versucht, die Spaltung von Ost- und Westkirche zu überwinden und die Vormachtstellung Roms anzuerkennen.
Die russische Kirche verweigerte die Gefolgschaft und wählte einen eigenen Metropoliten.
Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken erklärten manche Geistliche Moskau zum „dritten Rom“ – die wachsende Macht des Moskauer Staates galt als Zeichen der Rechtgläubigkeit.
Eingliederung Nowgorods und Pskows
1471 eroberte Iwan III. kampflos die reiche, aber militärisch schwache Stadt Nowgorod, die über ein riesiges Hinterland verfügte.
1478 wurde Nowgorod vollständig in das Großfürstentum Moskau eingegliedert.
Damit wurde Moskau zum flächenmäßig größten Staat Europas.
1510 endete auch die Selbstverwaltung von Pskow.
Ende der Mongolenherrschaft und Expansion
Iwan III. verbündete sich mit dem Krim-Khanat, das sich bereits 1430 von der Goldenen Horde gelöst hatte. 1480 gelang es ihm, die Mongolenherrschaft endgültig abzuschütteln.
Danach begann er, weitere ostslawische Gebiete vom „Tatarenjoch“ zu befreien
Iwan III. gilt als Begründer des russischen Staates
Unter seiner Herrschaft begann der Bau des Kremls in Moskau
Anspruch auf die „ganze Rus’“
Die Kirche unterstützte Iwans Anspruch, „Herrscher der ganzen Rus’“ zu sein – auch um den römisch-katholischen Einfluss in den von Polen beherrschten Gebieten zurückzudrängen.
Dieser Anspruch war zugleich eine politische Kampfansage an:
Das Großfürstentum Litauen
Das Königreich Polen, die über die südlichen Gebiete der ehemaligen Kiewer Rus’ herrschten
Die letzten Wikingerreiche
Zwischen 1013 und 1015 gelang es den Wikingern, England erneut zu erobern. Unter König Knut „dem Großen“ entstand ein Nordseereich, das Dänemark, England und später auch Norwegen umfasste.
In Norwegen übernahm Olav Haraldsson 1015 die Macht und brach die Herrschaft der Stammesfürsten. Nach seinem Tod 1030 setzte Knut seinen Sohn Sven als Statthalter ein. Doch Svens englisch geprägte Steuergesetze machten ihn unbeliebt, und nach Knuts Tod 1035 wurde er vertrieben.
Die Norweger wählten Olavs Sohn Magnus zum König, der Svens Gesetze zurücknahm und als Magnus „der Gute“ in die Geschichte einging. 1041/42 wurde er auch König von Dänemark. Später kehrte Harald, Olavs Bruder, aus Nowgorod und Konstantinopel zurück und forderte den Thron. Die Brüder einigten sich: Magnus behielt Dänemark, Harald erhielt Norwegen (1047) und wurde als Harald „der Harte“ bekannt.
In England wurde Eduard, Sohn von König Æthelred, 1042 König. Nach seinem Tod 1066 folgte ihm Harold II.. Im selben Jahr griffen Schweden und Normannen England an:
Die Schweden verloren, Harald „der Harte“ fiel
Die Normannen unter Wilhelm „dem Eroberer“ siegten
Wilhelm wurde Weihnachten 1066 zum König von England gekrönt
Damit endete die Wikingerzeit. Auch die Wikingersiedlung Haithabu wurde 1066 von Slawen zerstört.