Europas Aufstieg
Nord- Westeuropa
Skandinavien in der Bronzezeit und Antike
Bereits in der Bronzezeit trieben die Bauern Skandinaviens Handel mit dem übrigen Europa, da Kupfer und Zinn im Norden kaum vorkamen. Stattdessen war Bernstein aus dem Nord- und Ostseeraum ein begehrtes Handelsgut.
Typisch für diese Zeit sind die sogenannten „Schiffssetzungen“ – große Steine, die in der Form von Schiffen aufgestellt wurden. Sie waren vermutlich Teil eines Grabkults und symbolisierten die Reise der Toten ins Jenseits. Sie zeigen die frühe Bedeutung der Schifffahrt in der nordischen Kultur.
Ab dem 2. Jahrhundert n.u.Z. wurden aus dem etruskischen Alphabet die Runen abgeleitet – eine Schrift mit eckigen Zeichen, die sich gut in Holz, Stein oder Metall ritzen ließ. Sie wurde jedoch nicht zur Alltagsschrift.
Völkerwanderung und Angelsachsen
Im 2. Jahrhundert v.u.Z. zogen die Kimbern und Teutonen aus dem heutigen Südskandinavien nach Süden – laut antiken Quellen ausgelöst durch eine Sturmflut. Sie drangen ins Römische Reich ein, wurden aber 102 v.u.Z. bei Aquae Sextiae und 101 v.u.Z. bei Vercellae von den Römern besiegt.
Mit dem Zerfall des Weströmischen Reiches begann der Kampf um die Macht auf den Britischen Inseln. Dortige Fürsten heuerten die im Norden Deutschlands lebenden Angeln und Sachsen als Söldner an.
Diese kämpften bald auf eigene Rechnung, verdrängten die einheimischen Briten und gründeten bis zum 6. Jahrhundert eigene Kleinkönigreiche. Sie verschmolzen zum Volk der Angelsachsen („Engle“) – daher der Name England.
In Irland lebten weiterhin die keltischen Iren. Im Norden der britischen Hauptinsel wurden die Pikten ab dem 3. Jahrhundert von den aus Irland stammenden Skoten bedrängt, die sich im 6. Jahrhundert im Nordwesten ansiedelten.
Von Irland, das bereits zur Römerzeit christlich missioniert worden war, kamen nun Wandermönche nach England und Europa. Sie missionierten die Angelsachsen, beginnend mit dem König von Northumbria, und gründeten Klöster als Bildungs- und Verwaltungszentren.
Die Wikingerzeit
Mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne im Jahr 793 begann eine etwa 300 Jahre lange Phase von Wikingerüberfällen. Das Wort „vikingár“ bedeutet Seeräuber, doch die Wikinger waren auch Händler.
Ihr Erfolg beruhte auf dem Wikingerschiff:
- geringer Tiefgang, geeignet für Hochsee und Flüsse
- Rahsegel und Ruderer als Antrieb
Die Wikinger nutzten die Handelslücke im Mittelmeer, das durch die Ausbreitung des Islam für Europäer schwerer zugänglich wurde. In Osteuropa wurden sie Waräger genannt und nutzten die Flüsse des Tieflands, um bis zum Schwarzen und Kaspischen Meer zu gelangen.
838 schloss eine Waräger-Gesandtschaft einen Handelsvertrag mit dem Oströmischen Reich. Daraus entstand ab dem 9. Jahrhundert die Kiewer Rus’.
Andere Wikingergruppen fuhren entlang der Ostküste Englands, über die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer, wo sie Italien überfielen. Ab dem 9. Jahrhundert begannen sie, sich dauerhaft anzusiedeln:
- Ein „großes heidnisches Heer“ eroberte Northumbria und gründete das Königreich Jórvík
- Um 910 erhielt der Wikingerführer Rollo vom französischen König Land und eine Tochter – daraus entstand die Normandie
Entdeckungen und Rückzug
Begünstigt durch die mittelalterliche Warmzeit:
- Entdeckung der Färöerinseln
- Besiedlung von Island (um 870) und Grönland (um 980)
- Um das Jahr 1000 erreichten sie Neufundland und möglicherweise die Nordamerikanische Küste
Dort wurden sie jedoch nach etwa einem Jahrzehnt von den Ureinwohnern vertrieben. In Europa lernten die Menschen, sich besser zu verteidigen, und die skandinavischen Reiche konzentrierten sich wieder auf den Handel. Norwegen wurde bekannt für getrockneten Kabeljau.
Später entdeckten die Basken die Kabeljaugründe vor Neufundland. Als Jacques Cartier das Gebiet für Frankreich beanspruchte, traf er dort auf baskische Fischer – laut Mark Kurlansky: „Entdecker posaunen ihre Ergebnisse in die Welt hinaus, Fischer hüten ihre Geheimnisse.“
Königreiche und politische Entwicklung
Im 9. Jahrhundert vereinigten sich unter dem Druck der Wikingerangriffe:
- Die Königreiche der Angelsachsen
- Die Königreiche der Pikten und Skoten zum Königreich Alba
Anfang des 10. Jahrhunderts entstand das Königreich England, das bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts die Wikingerherrschaft in Teilen Großbritanniens beenden konnte.
Auch in Skandinavien entstanden erste Königreiche:
- König Gorm gilt als erster König von Dänemark
- Sein Sohn Harald Blauzahn hatte großen Einfluss in Norwegen, musste sich aber mit mächtigen Stammesfürsten arrangieren
Beginn der Völkerwanderung
Nach dem Tod von Kaiser Konstantin hatte der westliche Teil des Römischen Reiches einen eigenen Kaiser, doch die Lage blieb instabil. Bürgerkriege und Machtkämpfe lockten germanische Stämme, die auf leichte Beute hofften.
Gleichzeitig wurden diese Stämme selbst von Völkern aus Asien bedrängt – vermutlich ausgelöst durch Klimaveränderungen.
Im 4. Jahrhundert erreichten die Hunnen das Gebiet der Goten am Schwarzen Meer. Die Westgoten flohen über die Donau, besiegten 378 ein römisches Heer bei Adrianopel und wurden 382 als Hilfstruppen in der Donauregion angesiedelt.
Nach der Teilung des Römischen Reiches 395 wählten sie Alarich zum König und begannen eine neue Wanderung:
- 408 Belagerung Roms, Abzug gegen Lösegeld
- 409 Plünderung des Hafens Ostia
- 410 Eroberung Roms
Germanische Reiche entstehen
Weitere germanische Gruppen drangen ins Reich ein:
- Sachsen besetzten das von Rom aufgegebene Britannien
- Vandalen überquerten 406 den Rhein und zogen durch Gallien bis zur Iberischen Halbinsel
Die Westgoten wurden von Rom als Verbündete eingesetzt und gründeten 418 bei Toulouse das Tolosanische Reich. Die Vandalen setzten 429 nach Nordafrika über und eroberten 439 Karthago. Rom erkannte ihr Reich 442 an, doch 455 plünderten sie erneut Rom.
Die Hunnen unter Attila verstärkten ab 434 ihre Angriffe auf Byzanz und Westrom, wurden aber 451 in Gallien geschlagen. Nach Attilas Tod 453 zerfiel ihr Reich.
Die Ostgoten wurden unabhängig und erhielten von Byzanz das Angebot, Italien zu übernehmen. Unter Theoderich eroberten sie 489–493 das Land.